Von der Flucht vor der Roten Armee erschöpfte Frauen:
Die Bundesrepublik Deutschland scheint sich ihrer zu schämen

Vertriebene abgehakt
Am Weltflüchtlingstag soll zukünftig auch der Vertriebenen gedacht werden
von Harald Tews

Über ein halbes Jahrhundert hat es gedauert, bis der Heimatvertriebenen endlich offiziell gedacht wird. Künftig soll am 20. Juni der Weltflüchtlingstag um ein Vertreibungsgedenken erweitert werden. Dies hat der Bundestag anlässlich des 60. Jahrestags des Bundesvertriebenengesetzes beschlossen.

Wieder einmal ein weichgespülter Kompromiss, mit dem diesmal aber alle Politiker leben können: Statt eines gesonderten Gedenktags wie vom Bund der Vertriebenen (BdV) und von CSU-Seite aus gefordert, soll der Gedenktag für die Heimatvertriebenen zum Anhängsel des bereits seit 2001 bestehenden UN-Weltflüchtlingstags werden. Mit Ausnahme der Partei „Die Linke“, die sich enthielt, stimmten im Parlament alle im Bundestag vertretenen Parteien dem Koalitionsantrag zu, der nach 1945 Vertriebenen künftig am 20. Juni auf nationaler Ebene zu gedenken.

Dass dieser Tag des Gedenkens lange überfällig war, muss auch all jenen einleuchten, die sich lange dagegen gewehrt haben und darin revisionistische Bestrebungen befürchteten. Spät, aber nicht zu spät, scheinen mit dem Aussterben der Erlebnisgeneration endlich die ideologischen Scheuklappen zu fallen, so dass man auch von der politischen Linken die Aufbauleistungen der Vertriebenen in Deutschland zu würdigen versteht.

Trotzdem reicht diese Entwicklung noch nicht für einen völlig unbeschwerten Umgang mit der Nachkriegsgeschichte. Denn sonst hätte man einen separaten Gedenktag für die Heimatvertriebenen finden können. Beim Sudetentag im Mai schlug Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer vor, künftig jeden zweiten Sonntag im September einen Gedenktag für Vertriebene einzurichten. „Bayern verdankt seinen Heimatvertriebenen und Spätaussiedlern viel“, so begründete Seehofer seinen Vorstoß damals.

Auch Innenminister Hans-Peter Friedrich schlug sich auf Seehofers Seite und meinte, dass es aus Rücksicht auf die Außenpolitik nicht verständlich sei, auf einen solchen Tag zu verzichten. Um aber nicht bei den östlichen Nachbarn diplomatische Spannungen aufkommen zu lassen, beugt sich die Bundesregierung aber offenbar doch dem Ausland. So räumte der Innenminister ein, dass es derzeit auf Bundesebene keine Mehrheit für einen eigenen Gedenktag gebe.

Daher fand auch der Vorschlag des BdV und der Unionsfraktion keine Mehrheit, den 5. August als gesonderten Gedenktag zu wählen. Damit wollte man an die „Charta der deutschen Heimatvertriebenen“ erinnern, die am 5. August 1950 unterzeichnet wurde und in der ein Verzicht auf Rache für die Vertreibung ebenso wie ein Recht auf Heimat postuliert wurde.

Immerhin zeigte sich die BdV-Vorsitzende Erika Steinbach versöhnt mit dem Kompromiss: „Es hängt nicht am 5. August, der 20. Juni ist genauso ein guter Tag.“ Fragt sich nur, ob man den Mut aufbringt, den Tag zukünftig auf würdige Weise zu begehen versteht oder ob das Datum nur ein unbeachteter Eintrag im Kalender bleibt. Zu befürchten ist das allemal.

Quelle:
Preußische Allgemeine Zeitung / Das Ostpreußenblatt Ausgabe 25/13, 22.06.2013