Ein Bild aus besseren Tagen: Mit Erika Steinbachs Austritt verliert Merkels CDU eine langjährige konservative Mitstreiterin.
Ein Bild aus besseren Tagen:
Mit Erika Steinbachs Austritt verliert Merkels CDU eine langjährige konservative Mitstreiterin.

Der Paukenschlag
Erika Steinbachs CDU-Austritt: Wenn eine Partei »sich selbst verliert«
von  Hans Heckel

Mit Erika Steinbach verliert die CDU einen ihrer letzten konservativen Sympathieträger. Das ist gefährlich für Merkels Truppe.

Mit ihrer Klausurtagung im saarländischen Perl wollte die CDU-Spitze publikumswirksam die heiße Phase im Kampf um die Macht an der Saar einleiten, wo am 26. März ein neuer Landtag gewählt wird. Daraus wurde nichts, denn der Austritt der renommierten Konservativen Erika Steinbach aus Partei und Fraktion überschattete das Ereignis nahezu völlig.

Steinbachs Schritt ist ein Paukenschlag. Er ist deshalb besonders schmerzhaft für Kanzlerin Merkel und ihre Partei, weil Steinbachs Gründe komplett ins Schwarze treffen. Ob bei der Atomwende, bei der (laut den Verträgen) verbotenen Haftung für die Schulden anderer Länder zur „Rettung“ des Euro-Systems oder zuletzt bei der unkontrollierten Massenzuwanderung: Merkel und ihre Regierung hätten mehrfach geltendes Recht gebrochen, klagt Steinbach zu Recht und fügt an: „Merkels Politik ist schädlich für Deutschland.“

Die CDU sei zu einem „Torso ihrer selbst“ geworden, so die langjährige Präsidentin des Bundes der Vertriebenen (BdV) im Gespräch mit der „Welt am Sonntag“. Natürlich müsse sich eine Partei mit der Zeit auch verändern, räumt Steinbach ein. „Wer dabei allerdings seine Identität aufgibt, wird sich selbst verlieren und zudem seine Anhänger.“

Mit Erika Steinbach verliert die CDU einen ihrer letzten Sympathieträger in der konservativen Wählerschicht. Während von anderen Fraktionskollegen Häme und Wut gegen Steinbach laut wurden, ist von einem anderen konservativen Aushängeschild nur Lobendes zu hören.

Wolfgang Bosbach bezeichnet die langjährige Weggefährtin als „aufrechte, streitbare Demokratin, die für ihre Überzeugungen gekämpft hat“. Wie Steinbach will Bosbach im September nicht mehr für den Bundestag kandidieren.

Für die CDU wird es damit noch schwieriger, den einst treuen konservativen Wählern eine Identifikationsfigur anzubieten. Vielmehr könnte der Schritt weitere Konservative dazu ermuntern, der CDU ebenfalls den Rücken zu kehren. In den Augen der bayerischen Schwester dürfte der weitere Aderlass keine Überraschung bergen. Während CDU-Generalsekretär Peter Tauber Steinbachs Kritik an Merkels Immigrationspolitik als „maßlos und unberechtigt“ abtat, würdigte CSU-Innenexperte Hans-Peter Uhl die Vorwürfe ganz im Gegenteil als „in der Sache vollkommen berechtigt“.

Angela Merkel hat die CDU auf einen gefährlichen Pfad gelockt. Es ist der Pfad, der die SPD zur 20-Prozent-Partei hat schrumpfen lassen. Die Sozialdemokraten haben ihre Kernwählerschaft der „kleinen Leute“ zugunsten linksgrüner Ausschweifungen vor den Kopf gestoßen. Merkel vergrätzt die einstigen CDU-Stammwähler mit einer Asylpolitik, die nicht umsonst kaum irgendwo so ungeteilte Zustimmung erfährt wie bei den Grünen.


Schon wieder heimatlos

Erika SteinbachBequem war sie für viele Zeitgenossen nie. Erika Steinbach ist eine Reizfigur, seit sie in die Politik eingetreten ist. Mit ihrem jetzt verkündeten Austritt aus der CDU zieht sich die streitbare Politikerin sogar noch den Zorn jener konservativen Parteikollegen zu, die ihr bis zuletzt noch gewogen waren. Aus Ärger über die Flüchtlingspolitik Angela Merkels verlässt sie nach 42 Jahren Mitgliedschaft die Partei (siehe oben).

Mit einem Stich ins Herz der CDU will die 73-jährige Bundestagsabgeordnete ihre Politikkarriere ausklingen lassen. Jetzt hat sie ihre politische Heimat ebenso verloren, wie sie am Ende des Zweiten Weltkriegs ihre geografische Heimat verloren hat. Geboren in Westpreußen, hat sich die seit 1972 mit dem Dirigenten Helmut Steinbach verheiratete Politikerin in Vertriebenenorganisationen engagiert. Sie saß im Bundesvorstand der Landsmannschaft Westpreußen, war Präsidentin des Bundes der Vertriebenen und Vorsitzende der Stiftung Zentrum gegen Vertreibung.

Den Polen war diese Stiftung schon immer ein Dorn im Auge, und in Steinbach, die 1991 im Bundestag gegen den Oder-Neiße-Grenzvertrag stimmte, sahen sie die Personifikation des Bösen. Zeitweise war sie in Polen die bekannteste und meistgehasste Deutsche. Der Auschwitz-Überlebende und frühere polnische Außenminister Władysław Bartoszewski nannte sie die „blonde Bestie“.

Doch alle Kontroversen, die sie mit umstrittenen Äußerungen über die Opferrolle Polens und Twitter-Meldungen über die Zuwandererflut anschob, änderten nichts daran, das Steinbach geradlinig und konsequent ihren Kurs im konservativen Flügel der CDU fortsetzte. Das hat nun ein Ende. Frei von Parteizwängen wird sie mit ihrer Meinung im Bundestag bis zu den Wahlen im Herbst nicht hinterm Berg halten. - H. Tews
 

Quelle:
Preußische Allgemeine Zeitung - Ausgabe 03/17 vom 20.01.2017