Der neue Hochmeister war der dritte Sohn des Markgrafen
Friedrich IV. von Ansbach-Kulmbach und gehörte der fränkischen Linie des
Fürstenhauses Hohenzollern an. Seine Mutter, Prinzessin Sophie von Polen,
stammte aus dem jagellonischen Könighaus und war die Tochter König Kasimirs und
dessen Gemahlin Elisabeth, einer Habsburgerin.
Stammvater der 500 Jahre regierenden
brandenburgisch-preußischen Hohenzollern war Albrechts Urgroßvater Friedrich VI.
Burggraf von Nürnberg und erster Kurfürst von Brandenburg. Die fränkische Linie
der Hohenzollern vereinigte sich hundert Jahre später durch die Heirat von
Albrechts Enkeltochter Anna mit Kurfürst Johann Sigismund von Brandenburg (1572-1619) und beider Sohn Kurfürst Georg Wilhelm (1595-1640) wieder mit dem
brandenburgisch-preußischen Hauptstamm.
Ein junger Fürstensohn mit weitreichenden Verbindungen war
nun der Regierende in dem seit Jahrzehnten bedrängten Ordensstaat. Trotz
ähnlicher Herkunft waren er und sein Vorgänger ganz entgegengesetzter Natur. Mit
großer Vitalität packte der geistig ungemein bewegliche Albrecht Probleme an. Er
war vielseitig interessiert, vielleicht manchmal etwas überschwenglich und
extrovertiert. Während sein Vorgänger in Italien studiert hatte, war Albrecht
als Soldat mit Kaiser Maximilians Heer nach Oberitalien gezogen. Es entstand bei
ihm eine Vorliebe für das Soldatentum, die sich auch in kriegswissenschaftlichen
Studien äußerte.
In den ersten vier Jahren seiner Regierung, von 1511 bis
1515, setzte Albrecht die Politik seines Vorgängers fort. Sein einflußreichster
Ratgeber war in dieser Zeit der pomesanische Bischof Hiob v. Dobeneck, der mit Hochmeister Friedrich aus Sachsen nach Preußen gekommen war und als
Persönlichkeit großen Formats einen politischen Mittelpunkt bildete. Der
„Eiserne Bischof“, wie man ihn nannte, hatte vielfältige geistige Interessen und
zog in seine Residenz Riesenburg talentierte junge Humanisten und Dichter, die
den sogenannten Musenhof bildeten. Darüber hinaus reichten seine humanistischen
und klerikalen Verbindungen auch über die Grenze nach Polen.
Dennoch verliefen die langandauernden Verhandlungen mit Polen
ungünstig. Der Polenkönig hatte sein Ziel nicht aufgegeben, den durch Kriege und
innere Auseinandersetzungen sehr geschwächten Ordensstaat nunmehr völlig zu
annektieren und auszulöschen. Trotz der nahen verwandtschaftlichen Beziehung
forderte er auch vom neuen Hochmeister nach wie vor die Leistung des Treueids
gemäß dem Thorner Vertrag von 1466. Er wollte das Ordensland übernehmen und bot
dem Hochmeister bei seinem Rücktritt eine seinem fürstlichen Stand entsprechende
Versorgung an. Albrecht lehnte natürlich dieses an eine Kapitulation grenzende
Angebot ab. Kaiser Maximilian unterstützte den Hochmeister in seinen
Unabhängigkeitsbestrebungen und stellte ihm ein Bündnis gegen Polen unter
Beteiligung norddeutscher Reichsfürsten sowie Dänemarks und Rußlands in
Aussicht.
Als der Kaiser sich 1515 im Wiener Vertrag aus Gründen der
Habsburger Hausmachtpolitik mit dem König von Polen über die Erbfolge in Böhmen
und Ungarn einigte und den Deutschen Orden in Preußen fallen ließ, stand
Hochmeister Albrecht allein am Scheideweg. Es blieb ihm nur die Wahl, entweder
die Wendung der kaiserlichen Politik mitzumachen oder aber ohne Unterstützung
des Kaisers den Widerstand gegen Polen fortzusetzen.
Zu dieser Zeit trat als neuer Ratgeber Dietrich v. Schönberg
in die Ordenspolitik und schaltete den müde gewordenen Bischof Hiob weitgehend
aus. Schönberg verkörperte in der Welt des Ordens die neue Zeit des Humanismus
und der Renaissance. Nur wenig älter als der Hochmeister riß er diesen mit und
wurde nicht nur sein Ratgeber, sondern auch sein bester Freund. Außer den
Gemeinsamkeiten in politischen Ansichten verbanden beide gleichgerichtete
persönliche Züge.
Der neue Ratgeber wußte einen Ausweg aus der schwierigen Lage
des Landes. Dieser schloß allerdings eine gut vorbereitete kriegerische
Entscheidung der Auseinandersetzung mit Polen ein. Deshalb entwarf er bereits
Ende 1515 gemeinsam mit Hiob v. Dobeneck einen Kriegsplan, der natürlich
berücksichtigte, daß das kleine, arme Ordensland allein keinen Krieg führen
konnte. Er sah vor, daß alle Kräfte des Deutschen Ordens aus Preußen, Livland
und den Balleien im Reich zu dem Unternehmen beitragen und außerdem
Bundesgenossen gefunden werden sollten, wobei Rußland als Hauptpartner ins Auge
gefaßt wurde.
Nach dem Sieg Polens über die Russen am Dnjepr hatte sich der
polnische Druck auf Preußen wieder verstärkt, und ein Krieg schien
bevorzustehen. Doch da traten die Türken auf den Plan und bedrohten die
europäischen Länder. Papst und Kaiser riefen alle christlichen Herrscher zum
Feldzug gegen die Heiden auf. Dadurch wurde der König von Polen erneut von
seinem Eroberungskrieg gegen das Ordensland abgehalten.
Inzwischen entwickelte der Orden eine verstärkte
Reisediplomatie, in der insbesondere Schönberg im Reich versuchte, ein Heer
aufzustellen und Unterstützung von den Reichsfürsten zu erhalten. Das gelang nur
teilweise und brauchte viel Zeit. Unglücklicherweise war der gerade als neuer
Deutschmeister gewählte Dietrich v. Klee ein engstirniger, selbstsüchtiger Mann,
dem Gemeinschaftssinn und Bereitschaft zur Einordnung völlig fehlten. Er
verweigerte die Unterstützung des preußischen Ordensteils, aber er konnte weder
zur Hilfe gezwungen noch abgesetzt werden. Diese Disziplinierungsmittel übertrug
Papst Leo X. dem Hochmeister erst mit dem Reformbreve vom 6. November 1519, als
es für den Krieg gegen Polen zu spät war.
Der Hochmeister hatte sich durch polnische Provokationen
hinreißen lassen, den Krieg am 1. Januar 1520 zu beginnen. Durch den frühen
Zeitpunkt konnten die Operationen des Ordens und Rußlands nicht koordiniert
werden. Andererseits stand das von Schönberg aufgestellte Heer noch nicht in
Bereitschaft, und auch die Rüstungen des Hochmeisters in Preußen waren noch
nicht ganz abgeschlossen. So folgten wegen des vorzeitigen Kriegsbeginns auf
anfängliche Erfolge sehr bald schwere Rückschläge.
Dennoch rückte das große Heer aus 2.000 Reitern und 8.000
Landsknechten sowie Artillerie unter Führung des Marschalls Wilhelm v. Isenburg
aus dem Reich nach Osten vor und erreicht Anfang November 1520 die Weichsel.
Gegen den Rat Schönbergs wagten die Heerführer nicht den Weichselübergang,
sondern wandten sich gegen Danzig, denn unterdessen war das Geld für den Sold
ausgegangen, und die große Stadt lockte als Beute; doch Danzig konnte nicht
genommen werden.
Nach Schönbergs Plan hätte der Hochmeister dem großen Heer
entgegenziehen und sich mit ihm vereinigen müssen. Statt dessen verzettelte
dieser seine Kräfte in kleinen Unternehmungen im
Ermland. Das persönliche
Erscheinen des Hochmeisters hätte ohne Zweifel die Moral des Heeres gehoben.
Trotz seines persönlichen Einsatzes gelang es Dietrich v. Schönberg nicht, das
schlecht besoldete Heer unterschiedlicher Söldner zusammenzuhalten. Er konnte
dessen Auflösung an der Grenze Pommerns nicht verhindern und mußte mitansehen,
wie sein Lebenswerk und die Arbeit von fünf Jahren zusammenbrachen.
Offensichtlich hatte der junge Hochmeister ohne rechte
Überlegung in seinem Tatendrang gehandelt. Dadurch war der groß angelegte
Versuch gescheitert, das zerstückelte Ordensland durch ein Aufgebot aus dem
ganzen Reich zurückzuerobern und die unhaltbaren Bedingungen des
Thorner
Friedensvertrages von 1466 zu beseitigen.
Durch Vermittlung Kaiser Karls V. und einiger wohlgesinnten
Fürsten kam es zu einem vierjährigen Waffenstillstand mit Polen, der Preußen vor
der Katastrophe bewahrte, denn König Sigismund hatte angedroht, „die letzten
Spuren des Deutschen Ordens auf immer zu tilgen!“
Im Jahr 1522 verließ Hochmeister Albrecht Preußen, um im
Reich Hilfe und Unterstützung zu suchen. Er errichtete in Nürnberg, dem Zentrum
der Reichspolitik und Tagungsort des Reichstages, eine Zentrale der
Ordensregierung. In Preußen war Bischof Georg von Polenz als Verweser mit den
erforderlichen Vollmachten ausgestattet worden. Auch Dietrich v. Schönberg nahm
seine weitreichende Reisediplomatie wieder auf, die sich jetzt vorwiegend auf
die benachbarten europäischen Länder erstreckte. Aber beider Werbung stieß
überall auf taube Ohren.
Es war die Zeit der beginnenden Reformation. Überall gärte es
im Land. In Nürnberg hatte Albrecht eine Predigt des lutherischen Theologen
Andreas Osiander mit großem Interesse gehört und beim Zusammentreffen mit ihm
Einblick in die neue Lehre gewonnen. Bei seiner Durchreise durch Wittenberg im
September 1523 suchte er heimlich den Reformator selbst auf und informierte
sich. Dabei gab ihm Luther den Ratschlag, „die törichten und verkehrten
Ordensregeln beiseite zu werfen, sich eine Frau zu nehmen, in Preußen ein
weltliches Regiment einzuführen und das Land zu einem Fürsten- oder Herzogtum zu
erheben“. Wegen der vielfältigen Rücksichten gegenüber Papst, Kaiser und
Fürsten wollte Albrecht sich zunächst nicht hierzu äußern und bewahrte Vorsicht
und Geheimhaltung.
Bei einer neuerlichen Zusammenkunft mit Luther gegen Ende des
Jahres 1523 konnte er sich schon offener aussprechen. Als sich auch nach der
Entscheidung des Reichstages keine Aussichten zur Beendigung des dauernden
Streits mit Polen ergaben, reiste er nach Preußen zurück.
In
Königsberg empfing er eine ständische Abordnung, die ihm
Vorschläge zur Säkularisierung vortrug. Während seiner Abwesenheit hatte sich
bereits die Reformation unter Förderung durch Bischof Georg v. Polenz in Preußen
weitgehend durchgesetzt.
Das bevorstehende Ende des Waffenstillstands mit Polen machte
es notwendig, mit König Sigismund von Polen Unterhandlungen über die künftigen
Beziehungen aufzunehmen. Der Hochmeister bevollmächtigte seinen Bruder, Markgraf
Georg, und seinen Schwager, Herzog Friedrich zu Liegnitz, mit der Wahrung der
Interessen. König Sigismund nahm mit einem Ausschuß des polnischen Reichstages
an den Verhandlungen teil. Diese begannen Mitte März 1525 in Krakau. Der
Hochmeister hielt sich mit einer Ordensdelegation und Abgeordneten der Stände im
nahen Beuthen bereit.
Durch geschickte Verhandlungsführung konnten schon bald die
wesentlichen Punkte für eine Übereinkunft gefunden werden, die im Kern eine
Umwandlung des Ordensstaates in ein weltliches Herzogtum vorsahen. Unter
Beibehaltung des derzeitigen territorialen Besitzstands sollte Preußen vom König
von Polen als Lehnsherrn dem bisherigen Hochmeister als erbliches Herzogtum
überlassen werden. Neben dem Herzog und seinen männlichen Nachkommen wurden
dessen Brüder mitbelehnt, wobei nach Aussterben aller männlichen Erben das Land
an die Krone von Polen fallen sollte. Nach Ausräumen verschiedener Bedenken
sowohl aus dem polnischen Reichsrat als auch seitens einiger Ordensmitglieder
und der Stände erkannten schließlich alle diesen Ausweg als bestmögliche Lösung
für einen dauerhaften Frieden an.
Am 10. April 1525 erfolgte die feierliche Belehnung Albrechts
von Brandenburg-Ansbach mit dem Herzogtum Preußen auf dem Krakauer Marktplatz,
indem er seinem Onkel, König Sigismund von Polen, den Lehnseid leistete.
Einen Monat später huldigten in
Königsberg die preußischen
Stände dem neuen
Herzog. Im Lande begrüßte die Mehrheit der Menschen das Ende
der Ordensherrschaft, die von der Zeit überholt worden war. Auch die meisten
Ordensritter stimmten der Säkularisation zu; nur wenige gingen ins Reich zurück,
wo der Deutsche Orden unter Führung des Hoch- und Deutschmeisters fortbestand.
Letzterer hatte vergeblich versucht, Kaiser und Papst zu einer gewaltsamen
Aktion gegen Herzog Albrecht zu veranlassen. Auch die gegen ihn ausgesprochene
Reichsacht blieb ohne wesentliche Auswirkungen.
300 Jahre nach der Eroberung, Missionierung und Kolonisierung
Preußens ging die Herrschaft des Deutschen Ordens in diesem Lande zu Ende. Im
ersten Drittel der Zeit hatten die Ordensritter das Land in langen, blutigen
Kämpfen erobert und mit seiner Erschließung begonnen. Dann führten sie es in
einem unglaublichen Aufstieg in die Spitzengruppe der zivilisierten Welt.
Siedler aus vielen Teilen Deutschlands bearbeiteten das unerschlossene Land, sie
bauten Dörfer und Städte, Kirchen und Burgen. Sie übertrugen das Ordnungssystem
ihrer strengen Ordensregeln auf den Staat und schufen ein mustergültiges
Staatswesen, dessen Ausstrahlung noch bis in die Neuzeit in Preußen und
Deutschland nachwirkte. Das letzte Drittel der Ordenszeit war überschattet und
geprägt von der Katastrophe von
Tannenberg mit ihren Folgen und von den
Auflösungserscheinungen des alten Systems. Die mittelalterlichen Ideen und
Herrschaftsformen hatten ihre Lebenskraft verloren und waren von der Zeit
überholt worden.
Herzog Albrecht führte das Land noch viele Jahre unter einer
ständischen Verfassung in einer Art Adelsrepublik durch die unruhigen Zeitläufe
und leitete eine Blüte geistiger Kultur ein. Die Gründung der Universität
Königsberg, die als Albertina nach ihm benannt ist, am 17. August 1544 ist
hierfür nur eines der vielen Zeichen.
Herzog Albrecht von Brandenburg-Ansbach starb am 20. März
1568 in Tapiau und wurde im Dom zu
Königsberg beigesetzt.
weitere Infos:
Herzog Albrecht von Preußen.